Australien, IT-Consultant

Mal für zwei Jahre in Australien arbeiten – so war der Plan 2012. Für Elena hat sich mit ihrer Auswanderung nach Australien wahrlich das ganze Leben verändert und aus den zwei Jahren sind deutlich mehr geworden. Uns berichtet sie, was dazu geführt hat.

Januar 2012 - mein erster Tag in Australien war der 10.1. - ein harter Tag für mich, da es gleichzeitig der Geburtstag meines liebsten Großvaters ist und ich zum ersten Mal, seit ich mich erinnern kann, nicht beim Geburtstags- und Familienessen dabei sein konnte. Dennoch: Ich wollte für einige Zeit im Ausland leben und arbeiten. Während meines Studiums hatte ich schon jeweils sechs Monate in Frankreich und China verbracht und wusste daher, wie aufregend, belebend, und erfüllend es ist, sich einem neuen Umfeld und ganz neuen Herausforderungen zu stellen.

Mein Weg führt mich zunächst nach Melbourne, da mir meine neue Firma dort einen Job angeboten hatte. Im Laufe der Zeit bin ich aber nach Sydney umgezogen. Mir liegt der Lebensstil in Sydney mehr: Hier dreht sich viel um das Meer und den Strand und um ganzjährige Aktivitäten draußen. Wir haben quasi 12 Monate Sommer. In der Regel haben wir in Sydney auch im "Winter" ca. 15 - 20 Grad Tagestemperatur. Daher lebe ich nun auch in einem Stadtteil, der direkt am Strand liegt (Manly).

In meiner ersten Woche im Land hatte ich noch einen Surfkurs an der Great Ocean Road südlich von Melbourne gemacht. Das Wasser dort unten war, sagen wir mal, recht kalt – auch im Hochsommer, was ich nicht unbedingt von Australien erwartet hätte. In Sydney kann ich neben meiner großen Leidenschaft Beachvolleyball auch das 'oceanswimming' ausnutzen. Mittlerweile kann ich es mir kaum noch vorstellen, in einem Schwimmbad Bahnen zu ziehen.

Warum Australien?

Die Entscheidung, nach Australien zu gehen, fiel etwas spontaner aus, als ich mir gedacht hätte. Ich hatte mich vordergründig in Kanada umgesehen. Durch Zufall saß ich dann eines Tages mit einer Kollegin in einer Schulung, die mir von ihren Erfahrungen in Australien berichtete. Also versuchte ich mein Glück. Es war sogar möglich von Deutschland aus einen Arbeitsplatz zu bekommen – eine interessante Erfahrung, Jobinterviews nur per Telefon oder Skype zu führen.

Der ursprüngliche Plan war für ca. 2 Jahre 'auszuwandern' … und das ist die Standardgeschichte, die hier jeder Expat erzählen wird. Wenn man erstmal da ist, und seinen Platz gefunden hat, dann bleibt man in der Regel doch länger hängen als gedacht. Dabei wusste ich nicht, was mich erwartet. Da die Entscheidung, nach Australien zu gehen, eher durch Zufall zu Stande kam, hatte ich kaum konkrete Vorstellungen und Erwartungen. Denn, ganz ehrlich, wenn man noch nie in einem Land war oder für länger dort gelebt hat, kann man aus der Ferne wirklich nicht einschätzen, wie es sein wird.

Visum kompakt

Grundsätzlich ist es relativ einfach nach Australien zu kommen. Für unter 35 jährige gibt es hier ein 'Working-Holiday'-Visum, das einem bis zu zwei Jahre Aufenthalts- und begrenzte Arbeitserlaubnis zugesteht. Noch besser ist es, direkt mit einem Arbeitsvisum (457) einzureisen, aber das ist nur mit einem Arbeitgeber möglich, der einem dieses Visum sponsert. Ich war in dieser glücklichen Situation.

Ein Tipp für alle gesponserten Visa: immer den Partner mit aufs Visum setzen lassen. Bei einem gesponserten 457-Visum ist man als Hauptvisumsträger an den jeweiligen Arbeitgeber gebunden. Der eingetragene Partner hat freien Zugriff auf den Arbeitsmarkt. Nachträglich ein Partner-Visum zu beantragen, ist eine teure Angelegenheit. Ich bin mittlerweile australische Staatsbürgerin und es kostet uns mehr als 7000 Australische Dollar, meinen Mann auf ein Partner-Visum eintragen zu lassen.

Ein Touristenvisum ist für Deutsche ganz einfach am Flughafen zu erhalten, erlaubt einem aber nicht zu arbeiten. Viele jüngere Leute wandern zunächst mit dem 'Working-Holiday'-Visum aus und schreiben sich dann als Studenten bei einer Universität ein. Mit dem 'Student visa' darf man dann 20 Stunden pro Woche arbeiten.

Weiterführende Informationen zu Australien und zur Einwanderung

Ein Teil des Landes werden

Australien ist ein absolutes Einwandererland. Es wird dennoch einige Zeit dauern, bis man den ersten Australier wirklich kennenlernt. In meinem sozialen Umfeld und auf Arbeit gibt es kaum Menschen ohne Migrationshintergrund. Ich bin trotz der neuen Staatsbürgerschaft Europäerin durch und durch. Das bedeutet, man sucht sich irgendwie automatisch ein Umfeld, das einen versteht. Die meisten hier waren irgendwann mal in der gleichen Situation, verstehen die Anlaufschwierigkeiten und sind gerne bereit einem auszuhelfen.

Das ständige Interagieren mit so vielen Personen aus unterschiedlichen kulturellen Hintergründen ist extrem interessant, aber auch herausfordernd. Ich dachte, mein Umfeld in Deutschland war international, hatte aber anscheinend keine Ahnung, was international wirklich heißt. Bei meinem ersten großen Projekt in Australien haben wir bei einem Mittagessen festgestellt, dass unser 15-köpfiges Team damals aus 15 verschiedenen Nationen stammte (inklusive einem waschechten Australier). Natürlich birgt das dann interkulturelle Herausforderungen, aber keine Schwierigkeiten.

Das Wichtigste sind Freunde und ein funktionierendes soziales Umfeld. Das ist nicht anders als in Deutschland. Ich erinnere mich, dass in Deutschland nach dem Studium Freunde in neue Städte zogen und sich extrem schwer taten, Anschluss zu finden. Das ist einfach Typsache. Ich wohne in meinem kleinen Paradies in Manly, habe viele Freunde und kann meinen Leidenschaften Beachvolleyball und Schwimmen nachgehen. Vielleicht ist der Grund aber auch, dass Manly ein eher 'kleiner' Stadtteil ist. Das heißt, man trifft ständig Leute auf der Straße oder am Strand, die man kennt.

Kosten, Bürokratie und soziale Sicherheit

Eine der größten Überraschungen waren die Mietpreise. Das Mietniveau in den guten Wohnlagen in Sydney und Melbourne ist durchaus mit London vergleichbar. Ich hatte mich zu Beginn nach Wohnungen umgeschaut und dachte, die Mietpreise seien ja gar nicht so schlimm. Bis ich erkannte, dass es sich um Wochen- und nicht Monatspreise handelte. Meine Mietkosten sind hier also dreimal so hoch wie für meine Wohnung in Deutschland (Region Mannheim/Heidelberg). Auch ansonsten muss man hier tief in die Tasche greifen. Ein paar Beispiele: Elterngeld bedeutet hier 18 Wochen Unterstützung auf Mindestlohnbasis, danach ist Schluss.

Der durchschnittliche Tagessatz für einen Kinderkrippenplatz bis zur Einschulung liegt bei 75 $ pro Tag im Landesschnitt, in Sydney durchschnittlich sogar bei 120 $ pro Tag. In Deutschland sprechen wir von 300 € im Monat. Australien ist derzeit dabei, die sehr geringe Unterstützung für junge Familien sogar noch weiter zu verringern. Nach einer Studie schiebt sich das Land damit an den USA vorbei auf Platz 1 der Industriestaaten mit den schlechtesten Bedingungen für junge Familien.

Außerdem ist Australien recht bürokratisch und Prozesse werden nicht immer klar kommuniziert. Gerade als neuer Einwohner muss man ständig seine Identität bestätigen, um beispielsweise einen Mietvertrag zu unterschreiben oder ein Konto zu eröffnen. Doch dafür braucht man einen australischen Ausweis (den man nicht hat) oder einen Führerschein (den man nicht hat) oder ein Bankkonto (das man nicht hat, weil man es gerade versucht zu eröffnen) oder einen proof of address/Nachweis der Adresse (was man im Zweifel auch noch nicht hat). Klingt wie ein Teufelskreis, aber am Ende klappt es dann doch irgendwie. Man muss sich nur durchbeißen.

Die soziale Absicherung lässt im Vergleich zu Deutschland ebenfalls zu wünschen übrig. Beginnend bei der Rentenversicherung seitens Regierung, die es nicht gibt. Hier muss privat vorgesorgt werden. Vor allem auch Bildung ist teuer und muss aus eigener Tasche getragen werden. Wer bei der Arbeit mehr als zehn Tage im Jahr krankheitsbedingt fehlt, erhält für die weiteren Fehltage keine Zahlungen mehr. Die gesetzliche Krankenversicherung übernimmt keine Kosten für Krankenhaus und Krankenwagen. Auch hier muss privat vorgesorgt werden. Am besten macht man das schon vorab, denn auch beim Visum gibt es klare Regularien, welche Art von Krankenversicherung man für welches Visum braucht. Zusammenfassend kann man sagen: Alles, was notwendig oder gut für einen ist oder Spaß macht, kostet hier Unmengen an Geld. 

Doch, es ist schön!

Das mag jetzt auf den ersten Blick negativer klingen, als es ist. Die Natur und die unendlich vielen Dinge, die man draußen erleben kann, machen Australien für mich so besonders. Der Lebensstil, der doch wesentlich entspannter ist als in Deutschland, und die Vielfalt an gutem Essen, frischem Gemüse und Obst sind definitiv Gründe, die für Australien sprechen. Nicht zuletzt auch aufgrund des Wetters möchte ich gerne noch hier bleiben.

Nicht, dass ich Deutschland nicht vermisse. Die fehlende Nähe zu Freunden und zur Familie ist wirklich schwierig. Ich vermisse sie sehr und kann mir vorstellen, in der Zukunft auch wieder nach Europa zu ziehen. Deutschland ist ein großartiges Land, das die Zukunft Europas mitträgt und nicht vor Herausforderungen zurückschreckt, auch wenn es nicht immer einfach ist. Wir haben dort eine gute und solide Regierung, die sich um Bevölkerung und junge Familien kümmert. Und genau das sehen viele Deutsche in ihrer Heimat nicht so und die Negativität, die einem oft in Deutschland entgegenschlägt, wirkt sehr abschreckend auf mich. Ständig beschweren sich Menschen über irgendwas und die Servicewüste haut mich jedes Mal wieder um, wenn ich bei Ankunft am Flughafen meinen ersten Kontakt mit dem deutschen Bodenpersonal habe. Das ist hier in Australien wirklich anders.