Sozialhilfe für Deutsche im Ausland

Grundlagen, Gesetze und Rechtsprechung

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Ulrich Männig

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Das Zwölfte Buch des Sozialgesetzbuches (SGB XII) wurde mit dem Gesetz vom 27. Dezember 2003 (BGBl I Nr. 67 vom 30. Dezember 20003, S. 3022/3023) erlassen und trat am 1. Januar 2005 in Kraft. Das neue SGB XII löste das bis zum 31. Dezember 2004 geltende Bundessozialhilfegesetz (BSHG) ab.

Das SGB XII wurde zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 8. Juli 2019 (BGBl I Nr. 26 vom 15. Juli 2019, S. 1029, 1032) geändert.

Deutsche Sozialhilfe im Ausland: § 24 SGB XII  

Die Gewährung von Sozialhilfe bzw. Grundsicherung für im Ausland lebende Deutsche wird seit dem 1. Januar 2005 im § 24 SGB XII gesetzlich geregelt.  

Leistungsrechtlicher Grundsatz
Seit dem 1. Januar 2005 gilt folgender Grundsatz: Sozialhilfe wird nur noch an in Deutschland lebende Bedürftige gezahlt. Dies ergibt sich aus dem Umkehrschluss des § 24 Abs. 1 Satz 1 SGB XII, wonach Deutsche, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben, keine Leistungen erhalten.  

Ausnahmen
Mögliche Ausnahmen sind im § 24 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis 3 SGB XII geregelt. 

Demzufolge kann im Einzelfall vom § 24 Abs.1 Satz 1 SGB XII nur abgewichen werden, soweit dies wegen einer außergewöhnlichen Notlage unabweisbar ist und zugleich nachgewiesen wird, dass eine Rückkehr in das Inland aus folgenden Gründen nicht möglich ist:  

  1. Pflege und Erziehung eines Kindes, das aus rechtlichen Gründen im Ausland bleiben muss.
  2. Eine längerfristige stationäre Betreuung in einer Einrichtung oder Schwere der Pflegebedürftigkeit.
  3. Hoheitliche Gewalt.  

Anderweitige Sozialleistungen
Leistungen nach dem SGB XII werden nicht erbracht, soweit sie von dem hierzu verpflichteten Aufenthaltsland oder von anderen erbracht werden oder zu erwarten sind (vgl. hierzu § 24 Abs. 2 SGB XII).  

Leistungsumfang
Art und Maß der Leistungserbringung sowie der Einsatz des Einkommens und des Vermögens richten sich nach den besonderen Verhältnissen im Aufenthaltsland (vgl. hierzu § 24 Abs. 3 SGB XII).  

Leistungsantrag und Zuständigkeit (§ 24 Abs. 4 und 5 SGB XII)
Für Sozialhilfeleistungen im Ausland ist unabhängig vom Antrag für Leistungen innerhalb Deutschlands ein zusätzlicher Antrag zu stellen.  

Für diesen zusätzlichen Leistungsantrag ist der überörtliche Träger der Sozialhilfe zuständig, in dessen Bereich die antragstellende Person geboren ist. In der Regel handelt es sich hierbei um das Landesamt im jeweiligen Bundesland.  

Liegt der Geburtsort im Ausland oder ist er nicht zu ermitteln, wird der örtlich zuständige Träger von einer Schiedsstelle bestimmt.  

Leben Ehegatten oder Lebenspartner, Verwandte und Verschwägerte bei Einsetzen der Sozialhilfe zusammen, richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach der ältesten Person von ihnen, die in Deutschland geboren ist. Ist keine dieser Personen in Deutschland geboren, ist ein gemeinsamer örtlich zuständiger Träger nach Absatz 4 zu bestimmen. Diese Zuständigkeit bleibt bestehen, solange ein Ehegatte oder Lebenspartner, Verwandter oder Verschwägerter der Sozialhilfe bedarf.  

Aus Gründen der Zweckmäßigkeit ist ein Antrag bei der deutschen Auslandsvertretung (Botschaft, Konsulat, siehe hierzu auch: www.auswaertiges-amt.de) des Aufenthaltslandes zu stellen. Die Auslandsvertretung leitet den Antrag nach Prüfung an den zuständigen überörtlichen Träger der Sozialhilfe in Deutschland weiter. Dieser entscheidet über den Antrag und informiert hierüber auch die deutsche Auslandsvertretung, die dann die bewilligten Leistungen an die Leistungsberechtigten auszahlt und mit dem Sozialhilfeträger abrechnet.  

Anmerkung: Die Träger der Sozialhilfe arbeiten mit den deutschen Dienststellen im Ausland zusammen (vgl. hierzu § 24 Abs. 6 SGB IV).

Rechtsprechung

„Außergewöhnliche Notlage“
Geraten im Ausland lebende deutsche Minderjährige wegen gesundheitlicher Probleme in eine außergewöhnliche Notlage, kann das Sozialamt für die Kostenübernahme der medizinischen Behandlung nicht die Rückkehr nach Deutschland verlangen. Denn ein Kind könne nicht gegen den Willen der Eltern die Rückkehr durchsetzen, entschied das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel. Im Ausnahmefall könne dann der Sozialhilfeträger für die Behandlungskosten im Ausland aufkommen. (Bundessozialgericht, Urteil vom 21. September 2017; Az: B 8 SO 5/16 R)  

„Längerer Auslandsaufenthalt“
Bei einem mehr als vier Wochen andauernden Auslandsaufenthalt gibt es keine Sozialhilfe aus Deutschland. Bei anhaltender Hilfebedürftigkeit können die Grundsicherungsleistungen bei Rückkehr nach Deutschland erneut beantragt werden. (Sozialgericht Heilbronn, Beschluss vom 15. Januar 2017 - S 3 SO 4120/17 ER -)  

„Pflege und Erziehung einer Tochter in Thailand“
Ein in Thailand lebender Deutscher hat keinen Anspruch auf Sozialhilfe zur Pflege und Erziehung seiner Tochter. Die behauptete Notlage wurde nicht glaubhaft nachgewiesen. (Landessozialgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 27. Juni 2011 - L 2 SO 2138/11 ER-B -)  

„Keine Kostenübernahme für Chemotherapie in Thailand“
Der Sozialhilfeträger muss die Kosten für die Chemotherapie eines in Thailand lebenden Deutschen nicht übernehmen, weil keine nachweislich außergewöhnliche Notlage vorliegt. (Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 25. Februar 2010 - L 7 SO 5106/07 -)

Abschließender Hinweis

Die Aussagen im SGB XII lassen natürlich – wie bei Gesetzestexten üblich – einen Interpretationsspielraum zu.

Somit ist es uns an dieser Stelle unmöglich, Aussagen darüber zu treffen, ob und wie die einzelnen örtlichen Sozialhilfeträger das SGB XII – und hier insbesondere den § 24 SGB XII – in der realen Verwaltungspraxis auslegen und tatsächlich umsetzen.  

Es ist nicht auszuschließen, dass die Leserinnen und Leser mit unterschiedlichen Rechtsauffassungen und Entscheidungen konfrontiert werden.


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