Weibliche Expats und ihr Blick auf Auslandsentsendungen
Eine Studie von Katharina von Knobloch
Ein Blick auf die Geschlechterverteilung bei internationalen Entsenden zeigt, dass eine Parität noch weit entfernt ist. Frauen werden Stand heute durchschnittlich seltener ins Ausland entsendet. Im Jahr 2020 stagniert der Anteil der weiblichen Expats bei 32 %, entgegen der ursprünglich positiveren Prognosen der globalen Mobilitätsexperten (SantaFe, 2019 & 2020).
Die möglichen Gründe für den geringeren Anteil an Frauen sind vielfältig und reichen von einer höheren Risikoeinschätzung auf Unternehmensseite, über erschwerte Vereinbarkeit von Familie und internationaler Karriere zu geringerer Akzeptanz von weiblichen Führungskräften im Ausland.
Umso interessanter ist es, einen Blick auf die Frauen zu werfen, die sich bewusst für eine globale Karriere entschieden und diese erfolgreich im Ausland umgesetzt haben. Für meine “The thriving Female Expat” Studie habe ich 30 erfolgreiche Frauen im Ausland interviewt und erforscht wie sie die globale gläserne Decke durchbrochen haben und vor welchen Herausforderungen sie dabei stehen.
Vereinbarkeit von Familie und internationaler Karriere
Ein Auslandsaufenthalt stellt viele Familien auf die Probe und erfordert Fingerspitzengefühl bei der Integration. Die Mehrheit der Frauen in der Studie betonen die essentielle Rolle des Partners als Unterstützer. Wechselmodelle in denen jeweils ein Elternteil die Karriere für eine gewisse Zeit zurückstellt oder komplette Fokussierung auf die Karriere der Mutter waren die Norm.
Aber auch alleinerziehende Mütter berichteten in der Studie über ihren Weg. Sie profitieren von den meist niedrigeren Betreuungskosten für Kinder im Ausland und die erhöhte Akzeptanz von arbeitenden Müttern in der Gesellschaft.
Die Bandbreite an Vereinbarkeitsmodellen unter weiblichen Expats ist groß und nicht jedes Modell gleichermaßen gewünscht. Während die einen ihren Job bewusst aufgeben wollen wenn die Kinder ein gewisses Alter erreichen, wechseln andere alleinerziehend mit einem 4 Monate alten Baby Arbeitgeber und Kontinent. Für Mütter die sich entscheiden ihre Karriere hinter die Bedürfnisse ihrer Kinder zu stellen hegen weibliche Expats sowohl Bewunderung als auch Unverständnis.
Weibliche Expats verspüren eine starke Notwendigkeit sich zu beweisen
Alle interviewten Frauen haben zu gewissen Punkten ihrer Karriere im Heimatland Diskriminierung am Arbeitsplatz erfahren. Im Ausland sind sie nun oft noch mehr in einer Sonderrolle und nicht selten die einzige Frau im Raum. Viele berichten davon, sich das Vertrauen der Kollegen und Kunden vor Ort durch ein erhöhtes Engagement und sehr gute Arbeit verdient zu haben. Im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen schätzen sie ihre Arbeitsleistung mindestens als gleichwertig, in der Mehrheit sogar höhenwertig ein und begründen dies mitunter mit einer höheren Ausbildung. Gleichzeitig berichten viele Frauen im Vergleich zu männlichen Kollegen von schlechteren Entsendungspaketen, unattraktiveren Entsendungsorten oder schlechtere Karriereaussichten nach Rückkehr.
Selbst ist die Frau
Viele Frauen entscheiden sich daher zunehmend gegen die klassische Unternehmensentsendung und für die lokale Arbeitsplatzsuche vor Ort (self-initiated expats). Oft nehmen sie dafür einen kurzfristigen Rückschritt in ihrer Karriere in Kauf der sich im Falle der interviewten Frauen aber meist mittelfristig ausgezahlt hat. Während einige Frauen sich vom Leben im Ausland mehr Abenteuer und Abwechslung versprechen, wählen andere diesen Weg ganz bewusst um ihre Karriere voranzubringen. Die große Mehrheit der interviewten Frauen hat ein sehr selbstsicheres Auftreten. Geprägt durch ihre Erfahrung gegen den Strom zu schwimmen und ein ganz anderes Familienmodell im Vergleich zu Familie und Freunden Heimatland zu leben fühlen sie sich autark in ihren Entscheidungen.
Ein Blick in die Glaskugel
Während der Anteil an weiblichen Expats zwar immer noch geringer als der der Männer ist, stieg dieser zumindest kontinuierlich über die letzten Jahrzehnte an. Wie blicken diese Frauen, die bereits im Ausland erfolgreich Fuß gefasst haben also auf die Zukunft von globalen Entsendungen? Nun, erstaunlicherweise mit sehr gemischten Gefühlen. Es gibt einige Branchen wie Touristik und Bankwesen in denen der Auswahlprozess bereits größtenteils paritätisch verläuft. Auch öffentliche Institutionen haben sich hier stark geöffnet. Jedoch sehen die meisten Frauen kritisch auf die Rolle des Partners. Dieser wurde gerade im Hinblick auf Vereinbarkeit von Beruf und Karriere mehrheitlich als essentielle Stütze genannt. Die Rolle des Expat Partners ist immer noch stark vom zeitweisen Aufgeben der eigenen Karriere geprägt. Viele Frauen sehen hier im Bekanntenkreis unter den Männern wenig Bereitschaft. Weibliche Spitzenpositionen im Ausland und Mutterschaft sind daher immer noch die Ausnahme statt der Norm. Hier ein Zitat einer Studienteilnehmerin:
"Für viele Frauen, die das klassische Familienmodell anstreben, ist eine Karriere im Ausland schwierig, weil der Partner selten bereit ist, mit ihnen ins Ausland zu gehen. Alle Frauen, die ich in hohen Positionen kenne, sind alleinerziehend oder führen eine Fernbeziehung. Ich sehe aber auch, dass Frauen sich von schwierigen Orten nicht abschrecken lassen. Viele trauen sich, ohne Angst an sehr schwierige Orte zu gehen, aber dann ist der Partner oft das Opfer, das gebracht werden muss."
Die Studie “The thriving female expat” kann hier kostenlos bezogen werden.
Über die Autorin
Katharina von Knobloch ist zertifizierter Coach mit dem Schwerpunkt Expat (Partner) Career Support. Mit ihren Coaching-Dienstleistungen und Veröffentlichungen auf sharethelove.blog unterstützt sie Frauen weltweit beim Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt nach Entsendung des Partners oder Rückkehr in das Heimatland.