Im Fokus: Brasilien

Leben im Land des Zuckerhuts

Karneval, Fußball, Regenwald und die Copacabana. Wer bei einer Quizshow gefragt wird, was einem bei Brasilien direkt in den Kopf kommt, wird sicher diese Punkte nennen. Für Urlauber vielleicht relevant – für Auswanderer sind ganz andere Themen wichtig. Unsere Top Ten – neben Sozialversicherung und Einreisebestimmungen - haben wir hier zusammengefasst.

Währung

Brasilien hat 1994 den brasilianischen Real als Währung eingeführt. Damit konnte die brasilianische Regierung die starke Inflation stoppen. Die Grundlage für ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum. Er wird in 100 Centavos unterteilt. Nach dem aktuellen Wechselkurs (29.01.2019) bekommt man für einen Euro ca. 4,3 Real. In den ersten 5 Jahren war der Wert des Reals an den Dollar gekoppelt. Im Jahre 1999 wurde er freigegeben zum Handel.

Ihr Ansprechpartner

Peter Feist
Länderexperte Brasilien

pfxgroup1@gmail.com

Wirtschaft

Die brasilianische Volkswirtschaft ist die siebtgrößte der Welt. Das Bruttoinlandsprodukt betrug 2016 rund 1800 Mrd. USD. Im selben Jahr lag das durchschnittliche pro Kopf Einkommen in Brasilien bei 8700 USD. Momentan befindet sich Brasilien in einer schweren Rezession. Im Jahre 2017 lag die Arbeitslosenquote in Brasilien bei 11,8%. Das Durchschnittliche Vermögen von einer erwachsenen Person in Brasilien liegt bei 17485 USD. Im Median liegt es aber nur bei 4591 USD pro Kopf.

Die Exportwirtschaft spielt in Brasilien mit einem Anteil von 20 % eine eher kleinere Rolle. Mit fast 50% macht der Dienstleistungssektor knapp die Hälfte der brasilianischen Wirtschaftsleistung aus. Die Industrie macht rund 40% aus und die Landwirtschaft etwas mehr als 10%.

Die brasilianische Landwirtschaft wird oft kritisiert, da sie ohne wirkliche Beschränkungen Kunstdünger und Pestizide einsetzt. Die Arbeitsbedingungen sind nicht immer gut. Ein Großteil wird von wenigen, teils ausländischen Unternehmen dominiert, während viele heimische Landarbeiterfamilien kein eigenes Land mehr besitzen. Dennoch ist die Landwirtschaft für das Land sehr bedeutend. Rund 43% der Exporte sind landwirtschaftliche Güter. Rein rechnerisch betrachtet, wäre Brasilien in der Lage eine Mrd. Menschen zu ernähren. Realistisch geschieht das aber nicht. Kein Einzelfall: Nicht nur die Landwirtschaft hat Probleme ihr ungenutztes Potential zu entfalten. Auch die gesamte brasilianische Wirtschaft hat Probleme. Zum einen liegt es an der weniger guten logistischen Infrastruktur des Landes, welche die Regierung allerdings durch massive Investitionen verbessern will. Dazu kommt noch der Fachkräftemangel. Durch diesen steigen die Löhne stärker als die Gewinne. Aus den hohen Steuern und Finanzierungskosten resultiert ein Investitionsmangel.

Politik

Brasilien ist eine Bundesrepublik mit einer präsidentiellen Demokratie. 2016 wurde Brasilien im weltweiten Demokratieindex des Economists auf den 51.ten Platz gesetzt.

Da Brasilien in Südamerika die stärkste Wirtschaft, die meisten Bewohner und die größte Fläche hat nimmt das Land sowohl eine regionale als auch globale Führungsrolle ein. Das Land ist sich dieser Rolle bewusst und bemüht sich in seiner Außenpolitik darum, die regionalen Beziehungen sowie die Beziehungen nach Nordamerika, Europa, und zu den BRICS-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika) zu pflegen.

Risiken und Gefahren

Die hohe Kriminalität ist eine der größten, wenn nicht sogar die größte Gefahr in Brasilien. Die Wahrscheinlichkeit einem Raubüberfall oder anderen Gewaltverbrechen zum Opfer zu fallen ist erheblich höher als in westeuropäischen Ländern. Vor allem die großen Städte weisen hohe Kriminalitätsraten auf. Von dem Aufenthalt in den Armenvierteln (Favelas) wird strikt abgeraten da dort die Kriminalität am höchsten ist. Auch in anderen Regionen Brasiliens, die als sicher gelten sollte, man Vorsicht walten lassen. Im Jahr 2012 sind in Brasilien 56.337 Menschen durch Gewalt ums Leben gekommen, durchschnittlich also 154 am Tag.

Aus Sicherheitsgründen ist es empfehlenswert auf auffälligen Schmuck, Accessoires und Kleidung zu verzichten. Wertsachen sollten möglichst versteckt mitgeführt werden. Sollte man dennoch zum Opfer eines Überfalls werden, ist es ratsam keine Gegenwehr zu leisten, da die Täter nicht selten unter Drogeneinfluss stehen und gewaltbereit sind.

Kultur und Sprache

Die Amtssprache ist portugiesisch. Mit Deutsch oder Englisch kommt man dort nur schwer zurecht, teilweise auch nicht in Hotels. Mit Spanischkenntnissen kommt man weiter. Portugiesische Kenntnisse sind definitiv zu empfehlen.

Ein Klischee, das aber stimmt: Brasilianer lieben Fußball. Es ist ähnlich wie in Deutschland National- und Volkssport. Die brasilianische Fußballnationalmannschaft ist mit fünf Siegen bei der Weltmeisterschaft die erfolgreichste der Welt. Kein Wunder, dass viele Kinder und Jugendliche in den ärmeren Gegenden Brasiliens den Traum hegen, eines Tages als Fußballprofi ein besseres Leben zu haben.

Land und Leute

Brasilianer gelten als offenes, entspanntes und positives Volk. Sie sind Ausländern und Touristen gegenüber freundlich und hilfsbereit. So ist es in Brasilien auch alltäglicher, von Fremden zum Essen eingeladen zu werden als in Europa. Der Umgang insgesamt ist wärmer und herzlicher als es die meisten Europäer gewöhnt sind. Die Brasilianer sind sehr lebensfroh und genießen den Augenblick. Wer in Brasilien wirklich ankommen möchte, dem sei empfohlen sich an diese Art anzupassen.

Brasilien ist ein Vielvölkerstaat. Am meisten wird er durch amerikanische und europäische Einflüsse geprägt. Die Population der Indios, also der Ureinwohner Brasiliens, hat sich in der Vergangenheit durch die Einflüsse der Europäer reduziert. Von einst 5-6 Millionen auf 100.000 Indios. Seit Mitte der 1950er Jahre hat sich dieser Rückgang jedoch etwas erholt. Aktuell liegt die Zahl bei ca. 500.000. Auch das Ansehen in der Bevölkerung und vor dem Gesetz ist für diese Völkergruppe noch ausbaubar. Vor einigen Jahren haben sie zwar ihr Recht auf ein selbstbestimmtes und unabhängiges Leben erhalten, aber Straftaten gegen Indios werden oftmals immer strafrechtlich oftmals immer noch nicht akkurat verfolgt. Da inzwischen Indios auch oftmals in den Städten leben, geht ihre Kultur mit der Zeit langsam verloren.

Das Gesundheitssystem in Brasilien ist zwar recht veraltet, jedoch liegt die durchschnittliche Lebenserwartung immerhin bei 75 Jahren. Die häufigsten Todesursachen neben Gewalttaten sind Zivilisationskrankheiten, wie Krebs oder Herzerkrankungen. Die Kindersterblichkeit liegt bei weniger als 2%. Sauberes Trinkwasser können 87% der Bevölkerung genießen. Ein Arzt betreut im Durchschnitt 633 Patienten. Das sind natürlich rein statistische Fakten. In der Realität kann es regional große Unterschiede geben.

Lebenshaltungskosten

Die folgenden Lebenshaltungskosten sind Durchschnittswerte aus ganz Brasilien. Die Mahlzeit in einem preiswerten Restaurant kostet ungefähr 4-5 Euro und ein McDonalds Menü kostet in etwa 5-6 Euro.

Die folgenden Preise beziehen sich ebenfalls auf Gaststätten. Ein 0,33l Flasche importiertes Bier kostet 3-4 Euro, ein heimisches Bier 0,5l gezapft, kostet 1,75 Euro. Eine Flasche 0,33l Coke/Pepsi kostet einen Euro und ein normaler Cappuccino ca. 1,50 Euro.

Im Supermarkt sind die Preise moderater: Ein halber Liter heimisches Bier kostet 1 Euro. Eine Packung Zigaretten kostet in etwa 2 Euro. 1,5l Wasser kostet ca. 0,65 Euro und der Preis für eine mittelpreisige Flasche Wein liegt bei 7 Euro.

Tierische Produkte sind in Brasilien relativ günstig. So kostet ein Kilo Hühnerbrust weniger als 3 Euro. Ein Liter Milch liegt bei ungefähr 0,75 Euro und für 12 Eier zahlen Sie ungefähr 1,50 Euro zahlen. Obst und Gemüse sind recht günstig: Das Kilogramm Kartoffeln und Zwiebeln kriegen Sie für ungefähr 70 Cent. Ein Kilo Äpfel oder Bananen ist für ungefähr 90 Cent zu haben.

Im Strassenverkehr sind die Preise für europäische Verhältnisse günstig: Ein Liter Benzin kostet 1 Euro – so auch eine einfache ÖPNV Fahrt.

Für Europäer klingt das alles recht billig. Für Brasilianer hingegen kommt das entscheidende „Aber“: Das Durchschnittliche monatliche Einkommen in Brasilien liegt bei gerade einmal 400 Euro.

Sehenswürdigkeiten

Alle Sehenswürdigkeiten Brasiliens aufzuzählen, ist fast unmöglich. Für Europäer ist im Grunde das gesamte Land eine Sehenswürdigkeit. Zu den bekanntesten Attraktionen gehören sicher die folgenden fünf:

Die Christusstatue
Die Christusstatue befindet sich auf dem Berg Corcovado welcher 710 Meter hoch ist. Sie ist eines der bekanntesten Sehenswürdigkeiten Brasiliens. Zu finden ist sie südlich des Zentrums von Rio de Janeiro. Zur Erleichterung des Aufstiegs auf den Corcovado gibt es eine Zahnradbahn. Außerdem bietet eine Kapelle im Sockel der Statur Platz für 150 Besucher.

Iguaçu-Wasserfälle
Die Iguaçu-Wasserfälle liegen an der Grenze zwischen Brasilien und Argentinien in dem gleichnamigen Naturschutzgebiet Parque National de Iguaçu. Im Jahre 1986 wurde dieses Naturschauspiel zum UNESCO Weltkulturerbe erklärt. Das Wasser rauscht dort ungefähr 80m in die Tiefe und ist schon von weitem zu hören. Für jeden Naturliebhaber ist dieses Spektakel ein Muss auf jeder Brasilien reise.

Copacabana
Die Copacabana ist ein rund vier Kilometer langer, markanter Sandstrand, welcher von Granitfelsen eingerahmt wird. Dieser Ort zieht jährlich Millionen von Touristen an. Am Strand wird viel Strandfußball und Volleyball gespielt. Die Copacabana ist auch für Einheimische ein Treffpunkt. Auch Baden ist möglich, jedoch ist die Strömung an manchen Tagen sehr gefährlich.

Brasilia
Dort, wo heute die brasilianische Hauptstadt Brasilia liegt, war vor wenigen Jahrzehnten nur eine wüstenähnliche Landschaft. Die ganze Stadt wurde in den Jahren 1956-1960 aus dem Nichts erbaut. Das macht ihren besonderen Reiz aus, denn ihre komplette Architektur ist genauestens aufeinander abgestimmt. Brasilia löste 1960 Rio de Janeiro als Hauptstadt Brasiliens ab. 1987 wurde ihr Zentrum zum UNESCO Weltkulturerbe erklärt.

Ilha Grande
Die brasilianische Insel Ilha Grande liegt ungefähr 160 km von Rio de Janeiro entfernt im Atlantik. Sie gehört noch zum Bundesstaat Rio de Janeiro und ist eine der berühmtesten Inseln Brasiliens. Die Insel ist 193 Quadratkilometer groß und beherbergt 86 Strände. Die Insel hat ein wunderbar bewahrtes und sehr gut erhaltenes Ökosystem, wozu auch Teile von völlig unberührtem Regenwald gehören. Dort gibt es eine beeindruckende Artenvielfalt von roten Brüllaffen bis hin zu Pinguinen oder Faultieren. Die Überfahrt vom Festland mit einer Fähre dauert 75 Minuten.

Klima, Flora und Fauna

Brasilien ist das artenreichste Land der Welt. Die meisten Arten sind im brasilianischen Regenwald beheimatet. Viele von ihnen sind gefährdet, da die Regenwaldfläche stetig weiter schrumpft. Im tropischen Regenwald sind mehr als 2500 Baumarten bekannt. Fast alle können um die 60 Meter hoch werden. Daneben sind über 3000 verschiedene Süßwasserfische, 921 Amphibien, 749 Reptilien und 51 Primatenarten im tropischen Regenwald beheimatet. Das beste Beispiel für die enorme Artenvielfalt sind die 55.000 verschiedenen Blütenpflanzen, welche man bislang im tropischen Regenwald entdeckt hat. (Stand 2019)

Der höchste Berg in Brasilien ist 2994 m hoch. Er heißt Pico da Neblina. Er liegt in der Nähe der Grenze zu Venezuela und Guyana. Der größte Fluss Brasiliens ist bekanntermaßen der Amazonas. Dieser erstreckt sich über 6448 km. Es ist zwar nicht der längste Fluss der Welt, dafür aber mit großem Abstand der wasserreichste Fluss. Er führt mehr Wasser als die sieben nächst kleineren Flüsse zusammen!

In Brasilien herrscht ganzjährig ein tropisches Klima, welches nur geringen Temperaturschwankungen unterliegt. Nur im Süden des Landes ist das Klima gemäßigter. Die tropischen Zonen sind von starken Regenfällen geprägt. Im Osten gibt es hingegen auch kleine Gebiete, welche wüstenartig sind.

Umwelt

Der tropische Regenwald in den Amazonasgebieten zählt zu den größten verbliebenen Urwäldern auf der Welt. An der Atlantikküste ist er inzwischen leider schon zu 93% zerstört. Die restlichen 7% sind stark fragmentiert. Inzwischen wird jedoch daran gearbeitet, die Zerstörung einzudämmen. Zerstörte Gebiete werden wieder aufgeforstet.

Neben der Zerstörung des Regenwaldes, gibt es in Brasilien auch durch Goldabbau und Erdölförderung massive Umweltprobleme. Die Goldwäscher benutzen Quecksilber zum Reinigen des Goldes. Die dabei entstehenden, giftigen Dämpfe vergiften den Boden, die Gewässer und das Grundwasser. Auch durch die Ölförderung kam es in der Vergangenheit immer wieder zu Problemen. Zum Beispiel im Jahr 2001, als die damals weltgrößte Bohrinsel vor Brasilien sank.

75% der in Brasilien entstehenden Treibhausgase gehen auf die Brandrodung des Regenwaldes zurück. Die restlichen 25% auf die Verbrennung fossiler Rohstoffe.