Online Marketing Managerin in Frankreich

Heimweh nach dem Ausland bekommen

Ausgewanderte Personen: Lina, Anfang 20 zum Zeitpunkt der Auswanderung
Beruf: Online Marketing Manager
Wohin: Paris
Wann: Das erste Mal 2011, dann wieder 2014

Warum sind Sie ausgewandert?

Ursprünglich war es gar nicht geplant, so lange fort zu bleiben. Während meines Bachelorstudiums der „deutsch-französischen Studien“ galt es, ein Auslandsjahr in Paris zu verbringen. Ich habe mich so in die Stadt verliebt, dass ich meinen Studiendirektor gefragt habe, ob ich nicht das dritte Jahr auch noch bleiben kann. Er und die Sorbonne haben eingewilligt. Als ich mit dem Bachelor Studium fertig war, habe ich ein erstes Praktikum in Paris absolviert. Vor dem Master wollte ich dann erstmal etwas arbeiten, ich bin dann wieder zurück nach Deutschland und habe eineinhalb Jahre in Berlin gearbeitet. Doch ich hatte Fernweh beziehungsweise schon ein gewisses Heimweh nach Paris und so bin ich für meinen Master in International Management wieder zurück in meine Lieblingsstadt. Nun ja, und seitdem arbeite ich hier.

Was waren die größten Hürden/Schwierigkeiten/Überraschungen bei der Auswanderung?

Die Pariser sind leider nicht sehr offen und viele Bekanntschaften bleiben zunächst oberflächlich. Ich habe mich aber trotzdem mit der Zeit gut integriert.

Wenn man auswandert, muss man sich generell darüber bewusst sein, dass es Höhen aber auch Tiefen gibt. Es ist nicht immer alles besser als im eigenen Land. Man vergleicht Dinge natürlich mit Zuhause und denkt sich oft: “In Deutschland wäre das aber jetzt nicht so”. Man muss lernen, die kulturellen Unterschiede zu akzeptieren.

Wie hat es mit der Jobsuche geklappt und was sind die größten Unterschiede zu Deutschland?

Mittlerweile spreche ich fließend Französisch, um mich allerdings gegen die einheimische Konkurrenz durchzusetzen zu können, habe ich immer nach Jobs gesucht, die einen deutschen Bezug haben (zum Beispiel Marketing für den deutschen Markt der Firma.) Leider sind viele Jobs befristet, sodass man oft mit einer gewissen Unsicherheit leben muss. (Ich habe beispielsweise ganze eineinhalb Jahre bei der gleichen Firma gearbeitet, das waren aber 3 sechsmonatige Kurzzeitverträge wo ich vorher nie wusste ob ich verlängert werde.)

Was mich bei der Jobsuche überrascht hat? Im Gegensatz zu Deutschland werden fast nie Zeugnisse oder Arbeitsnachweise gefordert, man könnte sich seinen CV also theoretisch ausdenken...

Was war das schönste Ereignis seit der Auswanderung?

Paris ist einfach eine so wunderschöne Stadt. Ich liebe den Frühling hier, wenn wir mit meinen Freundinnen Picknicks an der Seine machen oder einfach nur herumspazieren. Die Stadt scheint einem am Anfang groß, doch eigentlich kann man vieles mit dem Fahrrad oder zu Fuß machen.

Ich kenne Paris mittlerweile viel besser als meine Heimat Köln, habe “meinen” Gemüsehändler, meine Lieblingscafés und Parks. Es gibt so viel zu entdecken und zu unternehmen, langweilig wird einem hier nie. Man könnte 360 Tage im Jahr jeden Tag ein anderes Theaterstück anschauen, eine neue Ausstellung besuchen oder ein anderes Restaurant entdecken.

Was sind die größten Unterschiede zwischen Deutschland und Ihrem Auswanderland?

Leider ist Paris sehr teuer, vor allem die Mieten. Manchmal wünsche ich mir eine schöne große Wohnung, wie ich sie vielleicht in Deutschland haben könnte. Aber das Leben spielt sich hier meist draußen ab. Die Pariser verbringen ihre Freizeit in Restaurants, Museen, Theatern und selten zuhause auf der Couch. Das deutsche Wort “gemütlich” beispielsweise gibt es im Französischen nicht. Die wortgetreue Übersetzung wäre “confortable”, was einfach nicht unserem Empfinden der Gemütlichkeit entspricht.

Anders als in Deutschland ist in Frankreich alles auf Paris zentralisiert. Hier lebt nicht nur ein Fünftel der Gesamtbevölkerung, hier spielt sich auch das gesamte wirtschaftliche, politische und kulturelle Leben ab. Wenn der Pariser sagt “je pars à la campagne ce week-end” (am Wochenende fahre ich aufs Land), dann meint er nicht Felder mit Bauernhöfen sondern spricht vom ganzen Rest Frankreichs.

Was haben Sie am meisten vermisst an Deutschland? Was haben Sie gegen Heimweh gemacht?

Wenn ich Heimweh habe, steige ich in den Thalys und bin schon in 3 Stunden in Köln. Neben meiner Familie sind es ganz einfache Dinge die ich vermisse. Deutsches Brot und Körnerbrötchen, unser Frühstück, mehr Natur, die Offenheit und Freundlichkeit der Deutschen im Gegensatz zu vielen Parisern.

Können Sie sich vorstellen nochmal auszuwandern?

Ich bin mir nicht sicher, ob ich nochmal ganz von vorn anfangen wollen würde, das heißt in ein ganz neues Land auswandern, in dem ich die Sprache wieder lernen muss. Mein Traum wäre es, irgendwann einen Job zu haben, bei dem ich die Hälfte des Jahres in Paris und die andere Hälfte in Berlin wohnen könnte.

Ihr Ratschlag für zukünftige Auswanderer:

Man sollte immer tun, was einem am Herzen liegt und sich nicht durch andere beeinflussen lassen.