Bücherregel mit Gesetzestexten

Seit 2015 ist eine neue europäische Erbrechtsverordnung in Kraft.

Erbrecht bei Todesfällen im Ausland

21.08.2015

Seit August 2015 ist eine neue europäische Erbrechtsverordnung in Kraft. Damit ist der letzte gewöhnliche Aufenthaltsort ausschlaggebend für das Erbrecht.

Stirbt ein deutscher Rentner, der die meiste Zeit des Jahres auf Mallorca verbracht hat oder kommt ein Expat in Frankreich ums Leben, gilt spanisches bzw. französisches Recht. Mit der neuen europäischen Erbrechtsverordnung spielt die Staatsangehörigkeit keine Rolle mehr, selbst wenn es noch eine Meldeadresse in Deutschland gibt. Es gilt das Erbrecht des Landes, in dem der Verstorbene zuletzt lebte. Etwa zehn Prozent der Erbfälle in Europa sind grenzübergreifend. Bisher war oft unklar, welches nationale Recht Anwendung findet, wenn ein Angehöriger im Ausland stirbt.

Unterschiedliches nationales Recht

Das hat für die Hinterbliebenen erhebliche Folgen, denn innerhalb Europas gibt es beim Erbrecht deutliche Unterschiede. Während in Deutschland Ehepartner und Kinder gemeinsam erben, haben Ehegatten in Spanien normalerweise nur ein Nutzungsrecht am Nachlass. Die eigentlichen Erben sind die Kinder des Verstorbenen. Wer in der Heimat ein Testament zugunsten des Ehepartners macht,  kann nicht unbedingt davon ausgehen, dass es von den zuständigen ausländischen Behörden umgesetzt wird.

Grenzüberschreitende Erbfälle

Ein grenzüberschreitender Erbfall liegt vor, wenn der Verstorbene oder der Ehepartner Ausländer ist, der Verstorbene im Ausland lebte oder über ein Auslandsvermögen verfügt. Bis 2015 wurden deutsche Staatsangehörige nach deutschem Recht beerbt. Wenden beide Länder, wie zum Beispiel Deutschland und Italien das Staatsangehörigkeitsprinzip an, funktioniert dies problemlos.

Nachlass-Spaltung

Anders ist das in der Schweiz oder in Dänemark: Hier gilt das Wohnortprinzip. Es findet also das Recht des Landes Anwendung, in dem der letzte Wohnsitz lag. In solchen Fällen wendeten bis 2015 deutsche Gerichte deutsches Recht und das ausländische Gericht das dortige Recht an. Immobilien im Ausland wurden auch bisher schon in einigen Staaten wie z. B. Frankreich oder Großbritannien nach Landesrecht vererbt. Das führte zur sogenannten Nachlass-Spaltung: Die Immobilie wird nach ausländischem Recht, der Rest des Vermögens nach deutschem Recht vererbt. Solche Fälle werden durch die Neuregelung vermieden.

Rechtswahlklausel

Jeder EU-Bürger hat ein Recht darauf, sein Heimatrecht zu wählen. Dazu muss allerdings zukünftig im Testament oder Erbvertrag gesondert festgelegt werden, wenn das Staatsangehörigkeitsprinzip gelten soll. Bestehende Testamente müssen an die Regelung angepasst werden. Besonders wichtig ist das bei Modellen wie dem Berliner Testament, das im Ausland unbekannt ist. Außerdem empfiehlt sich ein Passus, dass etwaige Streitigkeit vor deutschen Gerichte ausgetragen werden müssen. Die Neuregelung gilt für EU-Staaten, außer Dänemark, Irland und Großbritannien, die diese Regelung nicht umsetzen.

Anwaltliche Beratung

Wer im Ausland lebt und Immobilien oder ein größeres Vermögen hinterlassen will, sollte sich von einem Erbrechtsanwalt beraten lassen. Häufig ist es sinnvoll, auch einen Steuerberater hinzuzuziehen, damit es keine bösen Überraschungen bei der Erbschaftssteuer in den einzelnen Ländern gibt.