Versicherungen einfach mitnehmen?

21.06.2017

Die meisten Deutschen sind mit Versicherungen ganz gut versorgt: Die elementare Privathaftpflichtversicherung, für die Problemfälle eine Rechtsschutzversicherung, für die Absicherung der Familie eine Lebensversicherung, vielleicht zur Vorsorge eine Rentenversicherung und für den Fall der Fälle eine Unfallversicherung. Rechtsschutz-, Zahnzusatz-, oder eine private Pflegeversicherung machen den Rundumschutz perfekt. Doch gilt dieser Schutz auch, wenn man längerfristig ins Ausland geht?

Viele Verträge wurden in Deutschland zu guten Konditionen abgeschlossen und Versicherte möchten sie deshalb ungern aufgeben. Doch was helfen gute Konditionen, wenn der Versicherungsvertrag im Ausland nicht mehr gültig ist. Daher gilt immer: Bei der Versicherung nachfragen und mit offenen Karten spielen. Spätestens im Leistungsfall prüft die Versicherung genau und man bleibt möglicherweise auf einem Schaden sitzen, wenn die eigenen Angaben nicht stimmen.

Rechtsschutzversicherung

Wichtig ist hier der Wohnsitz. Wer für eine längere Zeit ins Ausland reist und seinen Wohnsitz in Deutschland behält, genießt beispielsweise bei vielen Rechtsschutzversicherungen auch weltweit Versicherungsschutz. Bei einem Rechtsschutzfall im Ausland wird aber zumeist nach der Gebührenordnung in Deutschland abgerechnet. Kostet eine Rechtshilfe also in den USA beispielsweise umgerechnet 150.000 €, in Deutschland jedoch nach der Gebührenordnung nur 25.000 €, so wird auch nur diese Summe erstattet. Der Arbeitsrechtsschutz ist für das Ausland selten in den Versicherungen mit abgedeckt. Hier gibt es nur wenige Optionen, um diesen Fall abzusichern.

Wer seinen Wohnsitz ins Ausland verlegt hat, für den sind die Versicherungsbedingungen (AVB) entscheidend. Manchmal kann es irreführend sein, dass von einem weltweiten Schutz die Rede ist. Dieser ist zwar gegeben, aber nur bei einem Wohnsitz, der den AVB entspricht.

Unfallversicherung

Wer von seinem deutschen Arbeitgeber zeitlich befristet ins Ausland entsendet wird, ist zwar in der Regel über die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung bei Arbeits- und Wegeunfällen sowie Berufskrankheiten versichert, aber Unfälle in der Freizeit sind damit nicht abgedeckt. Deshalb sollte man prüfen, ob die private Unfallversicherung gültig bleibt. Auch hier kann es sein, dass der Schutz an einen Wohnsitz in Deutschland gebunden ist.

Haftpflichtversicherung

Eine Besonderheit ist die private Haftpflichtversicherung. Was in Deutschland im Grunde die Standardversicherung schlechthin ist, gibt es im Ausland in einer vergleichbaren Form kaum. Hier herrscht bekanntermaßen ein anderes Verständnis von Absicherung. Dabei handelt es sich nicht nur um ausgefallene Länder - auch ein Nachbarland wie England kennt dieses so System nicht. Die private Haftpflichtversicherung gilt zwar manchmal bei Wohnsitz in Deutschland auch im Ausland weiter, aber die Gültigkeit ist oftmals zeitlich begrenzt. Danach leistet sie unter Umständen nicht mehr. Diese Bedingungen sollten also vor der Ausreise unbedingt mit dem Versicherer geklärt werden. Ist eine Weiterversicherung nicht möglich, gibt es passende Verträge anderer Anbieter.

Berufsunfähigkeitsversicherung

Die Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) gilt im Ausland grundsätzlich weiter und es ist auch nicht mit einer Erhöhung der Prämien zu rechnen. Jedoch ist es wichtig zu wissen, dass bei Beantragung der BU zumeist die Frage nach einem zukünftigen Auslandsaufenthalt gestellt wird. Hat man diese Frage verneint und verlagert seinen Wohnsitz nun ins Ausland, ist das vorher mit der Versicherung schriftlich abzuklären. Sonst könnte sich die Versicherung im Leistungsfall auf die fehlerhaften Angaben berufen und die Zahlung verweigern. Unser Tipp: Wer noch keine BU hat und sich nicht sicher ist, ob er in der Zukunft ins Ausland möchte, umgeht viele Probleme, wenn er sich vielleicht jetzt schon um einen Abschluss kümmert. Je nach Zielland kann es sonst bereits zwölf Monate vor der Ausreise schwierig werden, eine Versicherung zu guten Konditionen zu bekommen.

Riester-Rente

Auch bei der häufig genutzten Riesterversicherung ist beim Umzug ins Ausland Vorsicht geboten. Die Fallstricke, „Wenns und Abers“ sind so komplex, dass es absolut notwendig ist, sich vorab an die Versicherung zu wenden. Im schlimmsten Fall muss man die bereits erhaltenen Zulagen bei einem dauerhaften Umzug ins Ausland zurückzahlen. Das geht schnell viel Geld verloren.

Kindergeld

Apropos teuer: Das Kindergeld ist zwar keine Versicherung, aber auch hier muss man (Adress-)Änderungen umgehend melden. Denn auch hier können rückwirkend zu viel gezahlte Leistungen von der Familienkasse zurückgefordert werden. Die Familienkasse wird bei einer Adressänderung im Einzelfall prüfen, ob im Ausland der Anspruch auf Kindergeld weiterbesteht oder nicht.

Private Zusatzversicherungen

Bei privaten Zusatzversicherungen ist die Weiterführung der Versicherung im Ausland zwar kein Problem. Es handelt sich aber um Ergänzungsversicherungen, welche die Leistungen der gesetzlichen bis zu einer gewissen Höhe aufstocken. Wenn die gesetzliche Versicherung aus Deutschland aber nicht mehr greift, erstatten diese Versicherungen auch keine Kosten. Daher sollte man überprüfen, ob die Versicherung überhaupt noch sinnvoll ist.

Renten- und Lebensversicherung

Eine gute Nachricht zum Abschluss: Normale Renten- und Lebensversicherungen können eigentlich immer weitergeführt werden. Es ist nur zu prüfen, von welchem Konto die Prämien eingezogen werden und ob die Versicherung zwingend ein deutsches Bankkonto benötigt. Daher gilt auch hier, wie bei allen anderen Versicherungen, der wichtigste Rat: Auf jeden Fall vorab Kontakt mit der Versicherung aufnehmen, Detailfragen klären und sich die Antworten schriftlich bestätigen lassen.

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