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Beitragspflicht von ausländischen Renten

24.09.2012

Ausgehend von dem in Artikel 5 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 verankerten Prinzip der Gleichstellung von in- und ausländischen Leistungen in Bezug auf bestimmte Rechtswirkungen hat der deutsche Gesetzgeber Renten aus dem Ausland (nachfolgend: ausländische Renten), die den Renten der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung vergleichbar sind (nachfolgend: deutsche Renten), hinsichtlich der Eigenschaft als beitragspflichtige Einnahme in der Kranken- und Pflegeversicherung mit Wirkung ab 1. Juli 2011 gleichgestellt (vgl. § 228 Abs. 1 Satz 2 SGB V, § 57 Abs. 1 Satz 1 SGB XI).

Dadurch unterliegen ausländische Renten ab 1. Juli 2011 auch bei Versicherungspflichtigen nach Maßgabe der für die einzelnen Personenkreise geltenden Vorschriften der Beitragspflicht, und zwar auch außerhalb des Anwendungsbereichs der vorgenannten EG-Verordnung.

In der Fachkonferenz Beiträge am 29. März 2011 wurde bereits eine Reihe von Fragen im Zusammenhang mit der Beitragspflicht von ausländischen Renten geklärt (vgl. Ergebnisniederschrift zu Top 1). Ergänzend dazu wurde inzwischen weiterer Beratungsbedarf festgestellt. Dieser betrifft zum einen Fälle, in denen bei Personen, die unter Anwendung der leistungs- bzw. versicherungsrechtlichen Konkurrenzregelungen der VO (EG) Nr. 883/2004 deutschem Recht unterliegen, von einer ausländischen Rente in deren Herkunftsland ebenfalls Beiträge erhoben bzw. direkt einbehalten werden. Die betroffenen Personen sind damit zumindest faktisch einer doppelten Beitragszahlung ausgesetzt. Zum anderen geht es um die Beurteilung der Beitragsfreiheit (der ausländischen Rente) bestimmter Rentenantragsteller nach § 225 SGB V in der Phase der Beantragung der deutschen Rente bis zum Beginn der Rente.

Ergebnis: Beitragszahlung im Herkunftsland der Rente und in Deutschland

Sofern eine Person, die eine ausländische Rente bezieht, unter Geltung des deutschen Krankenversicherungsrechts in der gesetzlichen Krankenversicherung einer Pflichtversicherung unterliegt

oder freiwillig versichert ist, sind nach Maßgabe der entsprechenden Vorschriften Beiträge aus der ausländischen Rente zu erheben, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob im Herkunftsland der Rente für denselben Zeitraum rechtmäßig oder unrechtmäßig Beiträge oder andere Abgaben verlangt werden.

Die Anwendung über- oder zwischenstaatlichen Rechts hat regelmäßig zur Folge, dass die Person nur dem Krankenversicherungsrecht eines Staates unterstellt ist und dann auch nur in diesem Staat Beitragspflicht besteht. So ergibt sich z. B. bei in Deutschland wohnenden Beziehern sowohl einer Rente aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung als auch einer Rente aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Union (EU) die versicherungsrechtliche Zuständigkeitsabgrenzung aus der leistungsrechtlichen Anspruchskonkurrenz nach den Artikeln 23 und 24 VO (EG) Nr. 883/2004 in der Weise, dass dann, wenn die Voraussetzungen für die Versicherungspflicht in der Krankenversicherung der Rentner (§ 5 Abs. 1 Nr. 11, 11a oder 12 SGB V) erfüllt sind, ausschließlich ein Sachleistungsanspruch
nach deutschem Recht gegenüber der Krankenkasse in Deutschland besteht und damit insgesamt deutsches Krankenversicherungsrecht gilt.

Im Anwendungsbereich der VO (EG) Nr. 883/2004 wird zudem der Grundsatz angeordnet, dass Beiträge von Rentnern nur in dem Staat erhoben werden dürfen, der nach den vorgenannten Konkurrenzregelungen für die Übernahme von Leistungen zuständig ist (vgl. Artikel 30 Abs. 1), bei der zuvor beschriebenen Fallkonstellation also ausschließlich in Deutschland. Wie hoch die Beiträge in diesem Staat im Vergleich zu den ansonsten im Herkunftsland der Rente anfallenden Beiträgen sind, ist in diesem Zusammenhang nicht maßgebend. Der auf alle Renten erhobene Betrag an Beiträgen darf jedoch nicht den Betrag übersteigen, der bei einer Personen erhoben wird, die denselben Betrag an Renten in dem zuständigen Mitgliedstaat erhält (Artikel 30 VO (EG) Nr. 987/2009).

Von einer unzulässigen Erhebung von Beiträgen im Herkunftsland kann somit regelmäßig dann ausgegangen werden, wenn diese nach über- oder zwischenstaatlichem Recht, wie z. B. nach der VO (EG) Nr. 883/2004, ausgeschlossen ist. Gegebenenfalls ist der Versicherte gehalten, die Frage der Rechtmäßigkeit der Erhebung von Beiträgen oder anderen Abgaben im Herkunftsland der Rente von dem dortigen zuständigen Träger klären zu lassen.

Sofern es sich bei dem Herkunftsstaat der Rente um einen Mitgliedstaat der EU handelt, kann dem Versicherten empfohlen werden, sich unter Berufung auf Artikel 30 Abs. 1 VO (EG) 883/2004 an den zuständigen ausländischen Versicherungsträger zu wenden, um eine Freistellung von Beiträgen

zu erreichen. Dabei ist dem Versicherten von seiner Krankenkasse ein geeigneter Nachweis über die Erhebung von Beiträgen in Deutschland mit Angabe des vorgenannten Artikels der VO
(EG) Nr. 883/2004 auszustellen.

Beurteilung der Beitragsfreiheit einer ausländischen Rente im Zusammenhang mit § 225 SGB V
Für bestimmte Rentenantragsteller ordnet § 225 Satz 1 SGB V die Beitragsfreiheit in der Krankenversicherung an. Nach § 225 Satz 2 und 3 SGB V gilt dies jedoch ausdrücklich nicht, wenn der
Rentenantragsteller Arbeitseinkommen oder Versorgungsbezüge erhält, wobei die Einnahmeuntergrenze ("Bagatellgrenze") nach § 226 Abs. 2 SGB V in Höhe von 1/20 der monatlichen Bezugsgröße zu beachten ist. Gleiches gilt nach § 56 Abs. 2 SGB XI in der sozialen Pflegeversicherung, wobei die Bagatellgrenze über den Verweis in § 57 Abs. 1 Satz 1 SGB XI zur Anwendung kommt.

Dieses Regelungskonzept stellt darauf ab, dass Arbeitseinkommen und Versorgungsbezüge - nach Bewilligung der Rente - neben der Rente beitragspflichtig sind (§ 237 Satz 1 Nr. 2 und 3 SGB V) und es daher nicht gerechtfertigt wäre, diese Einnahmen in der Phase der Rentenantragstellung beitragsfrei zu lassen. Aus demselben Grund werden nach Auffassung der Besprechungsteilnehmer auch ausländische Renten von der Ausnahmeregelung des § 225 Satz 2 SGB V erfasst.

Die nach § 225 Satz 3 SGB V bestimmte Anwendung der für Arbeitseinkommen und Versorgungsbezüge vorgesehenen Einnahmeuntergrenze des § 226 Abs. 2 SGB V trifft für ausländische Renten nicht zu, da diese mit deutschen Renten gleichgestellt werden, für die eine Einnahmeuntergrenze nicht existiert.

Entsprechendes gilt für die Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung.

Quelle: Fachkonferenz Beiträge des GKV-Spitzenverbandes am 22. Februar 2012