Auswandern nach Kanada

Deutschland als Heimat, aber in Kanada zuhause

Bei meinem ersten Aufenthalt in Kanada im Winter hatte ich die Gelegenheit, verschiedene Skigebiete in den Rocky Mountains kennenzulernen, Calgary und Vancouver zu besuchen und einfach die kanadische Mentalität und den way of life zu erleben. Alles hat mich sehr beeindruckt. Als meine ersten Arbeitsjahre nach Studienabschluss sich in Deutschland nicht ganz so glanzvoll gestalteten, wie ich es mir erhofft hatte, schaute ich nach Möglichkeiten, einer “Auszeit” und so kam ich mit einer einjährigen Arbeitserlaubnis erneut zurück nach Kanada. Nach Ablauf des Arbeitsvisums und Rückkehr nach Deutschland, begann ich sofort, einen Antrag auf Daueraufenthaltsrecht in Kanada zu stellen. Wie die meisten Europäer war auch ich von der Weite Kanadas, der Natur und der Lebensart fasziniert.

Im Endeffekt war es beim ersten Mal mehr oder weniger Zufall, dass ich als Referendarin nach Kanada kam. Damals musste es ein Land sein, in dem ich mich verständigen konnte und Englisch sprach ich schon sehr gut. Im Jahr 2009, nachdem mein Antrag auf Daueraufenthaltsrecht genehmigt worden war, bin ich dann „richtig” ausgewandert und zwar ins Okanagan Valley, British Columbia, Kanada. Im Laufe der folgenden Jahre hat es mich immer weiter westwärts gezogen, hauptsächlich aus beruflichen Gründen, zuerst nach Vancouver und seit 2013 lebe ich auf Vancouver Island.

Way of living

Das Besondere in Kanada ist natürlich die Natur: heiße Sommer und kalte Winter, menschenleere Gegenden. Es gibt hier viel Platz und Freiraum und das ist für mich das Besondere und Schöne. Ein ungewöhnliches und spannendes Erlebnis war mein erster Flug in einem Wasserflugzeug. Das war absolut grossartig. (Gerne schicke ich Ihnen Bilder). Ein weiteres besonderes Erlebnis war die Zeremonie als ich kanadische Staatsbürgerin wurde und die kanadisch Hymne gespielt wurde. Aber es sind auch die Menschen, die das Land ausmachen. Sie sind sehr freundlich und “easy going”. Ich fühle mich absolut integriert. Anfangs wurde ich noch oft gefragt, wo ich herkomme und wie lange ich hier im Urlaub bin. Das war zwar freundlich gemeint, hat mir aber nicht gefallen. Ganz wichtig sind gute Englischkenntnisse. Meine Erfahrung ist, dass je mehr ich so spreche wie die Leute in meiner Umgebung, umso mehr gehen diese davon aus, dass ich schon länger hier und integriert bin.

Meine ersten Erwartungen an Kanada und die Menschen haben sich voll erfüllt, aber es gab auch Hürden. Größte Hürden meines Erachtens sind, dass es sehr schwer ist, einen ersten Job zu bekommen, wenn man keine kanadische Ausbildung oder kanadische Berufserfahrung hat. Gleiches gilt für die Wohnungssuche, wenn man keine Referenzen vorweisen kann. Oder ganz grundlegende Dinge, wie das Beantragen einer Kreditkarte, wenn man keine “credit history” hat; d.h. nicht nachweisen kann, dass man Rechnungen etc. pünktlich bezahlt und man sich nicht verschuldet. Aber ich habe in meiner Anfangszeit sehr viel Unterstützung und Hilfe bekommen. Kanadier sind in der Regel sehr freundlich, aufgeschlossen und hilfsbereit. Oft sind es die Deutschen, die mit ihrer direkten Art nicht immer ganz gut ankommt.

Soziale Absicherung

Ansonsten sollte man im Kopf behalten, dass die soziale Absicherung in Kanada nicht ganz so umfangreich wie in Deutschland ist. Dafür gibt es hier weniger Lohnabzüge. Bedenken habe ich für den Fall einer ernsthaften Erkrankung, da es hier grundsätzlich keine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall gibt. Dafür muss man sich extra versichern und selbst dann ist es nicht so gut wie in Deutschland.

Dennoch ist Kanada mein Wunschland. Am liebsten würde ich zwar jedes Jahr mehrere Monate in Deutschland leben - vielleicht wird das auch mit meinem Beruf in absehbarerer Zeit vereinbar sein. Eine Alternative zu Kanada, in dem Sinne, dass ich ein Daueraufenthaltsrecht in einem anderen Land anstreben möchte, gibt es nicht.

In einem anderen Land ganz neu anzufangen ist absolut nicht einfach. Dafür braucht es extrem viel Geduld, Durchhaltevermögen, die Bereitschaft, beruflich "weiter unten” neu anzufangen und sich langsam weiterzuentwickeln. Ich kann mir nicht vorstellen, das alles noch einmal zu machen, um eine neue Existenz aufzubauen.

Aber: Deutschland ist und bleibt meine erste Heimat, schließlich habe ich die meiste Zeit meines Lebens in Deutschland verbracht und ich kann mir durchaus vorstellen, irgendwann auch wieder ganz nach Deutschland zurückzukehren auch wenn ich das momentan überhaupt nicht vorhabe. Aber wie heisst es so schön: Sag niemals nie :)

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