BREXIT: Die Auswirkungen in der Sozialversicherung ab dem 1. Januar 2021

07.01.2021

Das ausgehandelte Austrittsabkommen der 27 EU-Mitgliedsstaaten mit dem Vereinigten Königreich ist seit 1. Februar 2020 in Kraft. Wie wirkt sich der Brexit sozialversicherungsrechtlich aus und was ist zu beachten, wenn nun seit dem 31. Dezember 2020 die Übergangsphase beendet ist?  

In der Übergangsphase bis zum 31. Dezember 2020 galten alle bisherigen Regelungen – insbesondere die Verordnungen (EG) über soziale Sicherheit – uneingeschränkt weiter. Nach dem Ende der Übergangsphase wird zwischen Bestandsfällen und Neufällen unterschieden:

Bestandsfälle werden vom Austrittsabkommen erfasst. Es finden die bisherigen Regelungen uneingeschränkt Anwendung. Zu den Bestandsfällen zählen Sachverhalte, die bereits vor dem 1. Januar 2021 eingetreten sind und über das Ende der Übergangsphase weiter fortbestehen. Weiterhin werden als Bestandsfälle Sachverhalte angesehen, die bereits vor dem 31. Dezember 2020 einen grenzüberschreitenden Bezug haben.

Neufälle sind Sachverhalte, die vom 1. Januar 2021 an beginnen und vorher keinerlei Bezug zum Vereinigten Königreich aufweisen. Für diese Fälle gilt das zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich abgeschlossene Handels- und Kooperationsabkommen.  

Brexit: Was ist bei Entsendungen zu beachten?  

Für Personen, die bereits vor dem 31. Dezember 2020 im Vereinigten Königreich tätig sind und den deutschen Rechtsvorschriften unterliegen, gelten die bisherigen Regelungen auch nach dem 31. Dezember 2020 weiter. Für Entsendungen, die bis zum 31. Dezember 2020 beginnen, kann die A1-Bescheinigung für maximal 24 Monate ausgestellt werden. Das Gleiche gilt für Personen, die sich weiterhin in einem grenzüberschreitenden Sachverhalt befinden und nach dem 31. Dezember 2020 entsandt werden. Hierzu zählen britische Staatsangehörige, die über den 31. Dezember 2020 hinaus in Deutschland wohnen und Unionsbürger, die über den 31. Dezember 2020 hinaus im Vereinigten Königreich wohnen.  

Wie wirkt der Brexit für Touristen?  

Personen, die sich nur zu Urlaubszwecken im Vereinigten Königreich aufhalten, können weiterhin Leistungen mit der Europäischen Krankenversicherungskarte in Anspruch nehmen.

Vorversicherungszeiten in der Krankenversicherung  

Bis zum 31. Dezember 2020 können alle im Vereinigten Königreich zurückgelegten Versicherungs- und Beschäftigungszeiten sowie Zeiten einer selbstständigen Beschäftigung als Vorversicherungszeit in der Kranken- und Pflegeversicherung angerechnet werden.   Vom 1. Januar 2021 an können im Vereinigten Königreich zurückgelegte Zeiten nur dann angerechnet werden, wenn der Sachverhalt vom Austrittsabkommen erfasst wird.  

Deutsche Versicherte mit Wohnort im Vereinigten Königreich  

Unionsbürger, die über den 31. Dezember 2020 hinaus im Vereinigten Königreich leben, werden vom Austrittsabkommen erfasst. Sie werden weiter in ihrem bisherigen sozialversicherungsrechtlichen Versicherungsstatus abgesichert. Auch bisher familienversicherte Personen bleiben bei Wohnsitz im Vereinigten Königreich weiter familienversichert. Das gleiche gilt für in der Krankenversicherung der Studenten (KVdS) versicherte Studenten, die an einer britischen Hochschule im Vereinigten Königreich eingeschrieben sind.  

Wirkung des Brexits auf Leistungen  

Vom 1. Januar 2021 an können nur die Personen, die vom Austrittsabkommen erfasst werden, Leistungen der Kranken- und Pflegeversicherung im Vereinigten Königreich in Anspruch nehmen. Hingegen haben Personen, die vom 1. Januar 2021 an vom Handels- und Kooperationsabkommen erfasst werden, keinen Anspruch auf Leistungen aus der Pflegeversicherung.   

Britische Versicherte mit Wohnort in Deutschland  

Britische Staatsangehörige, die über den 31. Dezember 2020 hinaus im Vereinigten Königreich leben, werden vom Austrittsabkommen erfasst. Sie werden weiter in ihrem bisherigen Status abgesichert. Das gilt auch für britische Studierende, die an einer deutschen Hochschule studieren und eingeschrieben sind. Familienversicherte Personen bleiben bei Wohnsitz in Deutschland weiter familienversichert.  

Was passiert nach der Übergangsphase?  

Vom 1. Januar 2021 an gilt das zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich ausgehandelte Handels- und Kooperationsabkommen.  

Quelle: www.haufe.de      

Vorläufige Regelungen im Sozialversicherungsrecht ab dem 1. Januar 2021 aus Sicht der DVKA

Für Sachverhalte, die vor dem 01.01.2021 einen grenzüberschreitenden Bezug zum Vereinigten Königreich aufweisen, gelten die Regelungen zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit in dem im Austrittsabkommen festgelegten Rahmen weiter.

Das neue Handels- und Kooperationsabkommen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich (Partnerschaftsvertrag)

Die EU und das Vereinigte Königreich konnten ein Handels- und Kooperationsabkommen Partnerschaftsvertrag) für die zukünftigen Beziehungen aushandeln. Das neue Abkommen enthält Regelungen für den Bereich der Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit, die im Wesentlichen den Bestimmungen der Verordnungen (EG) Nr. 883/2004 und 987/2009 entsprechen.

Wenn alle 27 EU-Mitgliedstaaten ihre Zustimmung zum neuen Abkommen geben, kann dieses ab 01.01.2021 zunächst vorläufig für Situationen Anwendung finden, die ab dem 01.01.2021 beginnen und vorher keinerlei grenzüberschreitenden Bezug zwischen einem EU-Mitgliedstaat und dem Vereinigten Königreich hatten. Bis spätestens Ende Februar 2021 muss dann noch das Europäische Parlament seine Zustimmung zu dem Abkommen erteilen.

Dies bedeutet, dass die Regelungen zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit

  • für Sachverhalte, die einen grenzüberschreitender Bezug vor dem 01.01.2021 haben, unter den im Austrittsabkommen genannten Voraussetzungen weiter gelten und
  • für Sachverhalte, die ab dem 01.01.2021 beginnen und vorher keinerlei grenzüberschreitenden Bezug zwischen einem EU-Mitgliedstaat und dem Vereinigten Königreich hatten unter dem im Handels- und Kooperationsabkommens zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich (Partnerschaftsvertrag) genannten Voraussetzungen weiter gelten.*

Hinweis für grenzüberschreitende Leistungen bei Krankheit bei vorübergehenden Aufenthalten:
Für grenzüberschreitende Leistungen bei Krankheit gelten ab 01.01.2021 die bisherigen Bestimmungen grundsätzlich fort (Leistungen bei Pflegebedürftigkeit sind hingegen nicht erfasst).

Von deutschen Krankenkassen ausgestellte Europäische Krankenversicherungskarten (EHICs) sowie Provisorische Ersatzbescheinigungen (PEBs) können bei vorübergehenden Aufenthalten im Vereinigten Königreich auch ab 01.01.2021 im bisherigen Format weiterhin eingesetzt werden.

Auch vom britischen Träger ausgestellte EHICs und PEBs können ab 01.01.2021 bei vorübergehenden Aufenthalten in Mitgliedstaaten weiter eingesetzt werden. Welche EHIC-Formate dazu konkret als Anspruchsnachweis für Regelungen aus dem neuen Handels- und Kooperationsabkommens dienen werden, ist derzeit noch in Klärung. Hierüber werden wir schnellstmöglich Informationen zur Verfügung stellen.

Ab 01.01.2021 gilt für vom Austrittsabkommen erfasste Personen Folgendes:

  • Personen, die in vollem Umfang vom Austrittsabkommen erfasst sind (Art. 30 Austrittsabkommen), müssen beim britischen Träger eine EHIC im neuen Design (Citizens‘ Rights-EHIC) bzw. PEB, falls diese noch nicht verfügbar ist, beantragen. Dazu zählen z. B. entsandte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.
  • Studierende, die gewöhnlich im Vereinigten Königreich wohnhaft sind und seit einem Zeitpunkt vor Ablauf des Übergangszeitraums (31.12.2020) in einem Mitgliedstaat studieren, erhalten eine eigene zeitlich auf die individuelle Studiendauer befristete und nur für den Studienstaat gültige EHIC bzw. eine PEB, falls diese noch nicht verfügbar ist.

Bitte beachten:
Die DVKA wird ihren öffentlichen Internettauftritt dazu entsprechend überarbeiten. Bitte beachten Sie, dass die bislang beschriebenen „Neufälle“ (nicht vom Austrittsabkommen erfasst) unter die Regelungen des neuen Handels- und Kooperationsabkommens fallen und entsprechend zu bewerten sind.

Quelle: DVKA

*Das bedeutet: Die Spitzenverbände der Sozialversicherung werden sich zu Fragen im Umgang mit dem neuen Handels- und Kooperationsabkommen noch befassen müssen.

 

Im ersten Teil handelt es sich um juristische Bewertungen von einem namhaften Fachverlag zum Sozialversicherungsrecht (Haufe).

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