Zwei Kinder it Flaggen

Schüler der internationalen amerikanischen Schule in Bahrain.

Warum Expat-Kinder attraktive Mitarbeiter für deutsche Firmen sind

05.08.2016

Ein Gastbeitrag von Silke Pedersen - Deutsche in Katar

Ich habe neulich einen Artikel im Harvard Business Review über kulturelle Intelligenz gelesen und wie dieser Faktor von entscheidender Bedeutung für global agierende Firmen sein kann. Kulturelle Intelligenz wird im Artikel wie folgt definiert: "An outsider’s seemingly natural ability to interpret someone’s unfamiliar and ambiguous gestures the way that person’s compatriots would."

Der Artikel gibt mehrere Beispiele wie kulturelle Intelligenz die Leistung und den Erfolg beeinflussen kann.

Die Schlussfolgerung hier ist, dass nur eine Person mit einer hohen kulturellen Intelligenz relativ problemlos in neuen Kulturen und mit Kollegen unterschiedlichster kultureller Hintergründe arbeitet.

Das einfache Wissen, emotionale und soziale Intelligenz sind nicht genug. Ein hoher kultureller Intelligenzfaktor sichert das Verständnis, mit dem man sich natürlich zwischen unbekannten kulturellen Strukturen bewegen kann.

Wie können sich Firmen Mitarbeiter mit hoher kultureller Intelligenz sichern?

Weiterbildung und Kurse für Mitarbeiter sind naheliegend, aber es gibt auch eine andere Möglichkeit: Es gibt viele Deutsche, die in ihrer Eigenschaft als Third Culture Kid (TCK) eine hohe kulturelle Intelligenz mitbringen.

Der amerikanische Soziologe David C. Pollock hat intensiv TCKs untersucht und den Begriff wie folgt definiert:

"[A] person who has spent a significant part of his or her developmental years outside the parents' culture. The TCK builds relationships to all of the cultures, while not having full ownership in any. Although elements from each culture are assimilated into the TCK's life experience, the sense of belonging is in relationship to others of the same background." [Third Culture Kids: Growing Up Among Worlds. David C. Pollock and Ruth E. Van Reken]

Obwohl Elemente jeder erlebten Kultur in der Lebenserfahrung eines TCK assimiliert werden, ist die kulturelle Zugehörigkeit am Größten zu Personen und nicht einer eigentlichen Kultur. Es sind Personen, die ebenfalls als TCK aufgewachsen sind. Der Begriff Third Culture Kid beschränkt sich nicht nur auf Kinder/Jugendliche sondern umfasst auch Erwachsene, die in einer anderen Kultur als die ihrer Eltern aufgewachsen sind.

TCK ziehen öfter um als die durchschnittliche Person. Gleichzeitig verändert sich ihre Umgebung markanter, da sie in der Regel nicht innerhalb eines Gebietes umziehen oder von Stadt zu Stadt, sondern meistens von Land zu Land. Jedes Mal sind sie neuen Werten und Normen ausgesetzt. TCK kreuzen täglich Kulturen, indem sie zuhause die ihrer Eltern absorbieren und außerhalb der eigenen vier Wände andere Kulturen erleben. TCK’s, die internationale Schulen besuchen, treffen täglich durch ihre multinationalen Schulkameraden, Freunde und Lehrer auf eine breite Palette an Kulturen.

Damit absorbieren TCK als einen Teil ihrer Identität eine Mischung an Weltanschauungen sowie verschiedenster Kommunikationstypen und Denkweisen. Sie können mit der größten Natürlichkeit zwischen Kulturen, Werten und Normen navigieren und sich der jeweiligen Umgebung anpassen. Deshalb werden sie auch als ‘Kulturelle Chamäleons’ bezeichnet.

Eine interkulturelle Kindheit gibt den TCKs eine global orientierte Weltanschauung. Sie haben von frühester Kindheit an gelernt, dass die Welt voller Unterschiede ist, dass Gemeinschaften auch mit anderen sozialen Normen funktionieren können und dass jede Kultur ihre eigenen inhärenten Wertvorstellungen hat.

Welche Kompetenzen bringt ein TCK mit an den Arbeitsplatz?

  • Natürliche Anerkennung von Vielfalt und Gleichheit
  • Flexibilität und Widerstandskraft gegenüber Veränderungen
  • Anpassungsfähigkeit an neue Situationen und Umgebungen
  • Fähigkeit ‘to think outside the box’
  • Eigenschaft, andere und neue Perspektiven aufzufangen 

Darum sollte ein TCK die offensichtliche Wahl sein, wenn man einen Mitarbeiter für ein multikulturelles Arbeitsmilieu sucht.

Professor Echo Yuan Liao unterstreicht dieses, indem er die Stärken von TCK im Zusammenhang mit Innovation und Kreativität hervorhebt: "Culturally intelligent employees also possess the potential to drive up innovation and creativity, due to their ability to integrate diverse resources and help the business make best use of the multiple perspectives that a multicultural workforce brings to the workplace."

Ich möchte gerne mit einem Zitat von Dänemarks wahrscheinlich berühmtesten TCK, Schauspieler Viggo Mortensen, abschließen. Viggo Mortensen sagt über seine Kindheit in verschiedenen Kulturen, dass es ihm die Fähigkeit gegeben hat, sich blitzschnell anzupassen und er immer fühlt, dass er etwas mit Anderen gemeinsam hat, egal welcher Kultur oder Herkunft "Out of habit you assume that you have something in common with people no matter how different they seem."

Deutsche Firmen, die international operieren und/oder multikulturelle Organisationen haben, täten gut daran, sich die deutschen TCK’s genauer anzusehen. Diese besitzen die Fähigkeiten und Einsichten, die die Innovationskraft, Kreativität und Zusammenarbeit im In-und Ausland stärken können.

Originalbeitrag in der dänischen Zeitung  Repat in Denmark